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Let the Show Begin: Eine kleine LinkedIn-Typologie

LinkedIn ist in den letzten Jahren zur großen Bühne für die unterschiedlichsten Player geworden, die um den Applaus der Mitglieder buhlen. Wir werfen einen humorvollen Blick auf drei besonders hervorstechende Typen.

Na, heute schon auf LinkedIn gewesen? Keine unberechtigte Frage, denn inzwischen nutzen rund 17 Millionen User:innen im DACH-Raum das Job-Netzwerk. Wobei es Netzwerk nicht mehr trifft: LinkedIn hat sich in den letzten Jahren zur waschechten Social Media Plattform entwickelt, samt Likes, Kommentaren und kurzzeitig auch Stories. Lag der Fokus früher vor allem darauf, Talents mit potentiellen Arbeitgeber:innen zusammenzubringen und vice versa – dient die Plattform inzwischen fast im selben Maße der Selbstdarstellung.

Zwischen Employer Branding und Selbstbeweihräucherung

Und warum auch nicht, möchte man fragen? Denn welcher Ort eignet sich besser für Employer Branding, die Kommunikation von Unternehmenswerten oder die gepflegte Selbstbeweihräucherung? Inzwischen hat LinkedIn seine eigenen Influencer:innen hervorgebracht. Engagement und Impressions sind genauso wichtig wie bei Facebook und Instagram geworden und die Community scheint ein Großteil der eigenen Arbeitszeit online zu verbringen.

Dass LinkedIn ein wichtiger Kanal für B2C- und vor allem B2B-Unternehmen, LinkedIn Marketing eine wichtige und wirksame Disziplin und die Plattform fürs Recruiting oftmals unverzichtbar ist, darf inzwischen als Selbstverständlichkeit gelten. Auch aus dem suxeedo Alltag ist die Microsoft Tochter nicht wegzudenken. Dennoch wundern wir uns ab und an über die Art und Weise, in der so manche Nutzer:innen kommunizieren.

Eine kleine LinkedIn-Typologie

Daher haben wir auf Basis einer extensiven – man könnte auch sagen: exzessiven – Recherche die drei auffälligsten LinkedIn Typen identifiziert. Dieses Wissen möchte wir natürlich mit euch teilen. Mit einem Schuss Ironie präsentieren wir euch unsere LinkedIn Typologie. Und wir wagen zu behaupten: Der Wiedererkennungswert ist hoch!

1. Die Humblebragger:innen

„Eigenlob stinkt!“ – so besagt es zumindest ein etwas abgenutztes Sprichwort, das zur Bescheidenheit anhalten soll. Dessen sind sich auch die Humblebragger:innen bewusst. Auf Lob und Applaus für das eigene Handeln wollen sie dennoch nicht verzichten. Daher greifen sie zu altbekannten Mustern aus der Dramaturgie: Statt von einem offensichtlichen Erfolg zu berichten, üben sie sich in ihren Posts in vermeintlicher Selbsterkenntnis und Selbstkritik, um am Ende in Demut ihr Learning zu präsentieren.

Dabei kommt der Begriff “Humblebragger” aus dem Englischen: humble bedeutet so viel wie „bescheiden“, mitunter auch „demütig“. „To Brag“ wiederum ist das Gegenteil, denn es bezeichnet das Angeben bzw. Prahlen. Die erwarteten Reaktionen lassen häufig nicht lang auf sich warten. Von „Respekt für deine Ehrlichkeit““ bis hin zu „klasse gelöst!“ versammelt sich unter den Posts der Humblebragger:innen häufig ein enthusiastischer Bestätigungschor. Inwiefern die geschilderten Ereignisse wirklich der Realität entsprechen oder das angebliche Learning nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wird dabei selten hinterfragt.

Ein kleines Beispiel aus dem letzten Jahr: Der CEO eines aufstrebenden Unternehmens veröffentlicht einen LinkedIn Post, in dem er scheinbar kleinlaut berichtet, dass er im Zuge der Pandemie all seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet habe, die Firma am Leben zu halten und sich dabei nicht darum gekümmert habe, wie anstrengend die Lage für seine Mitarbeiter:innen gewesen sei. Darum habe er sich für Weihnachten als Dank etwas Besonderes ausgedacht: Alle Angestellten bekämen einen 100 Euro Amazon Gutschein, damit sie sich zur Entspannung Bücher kaufen könnten.

Der Jubelchor reagierte prompt. Ein paar kritische Stimmen gab es aber auch. Warum er denn ausgerechnet Amazon gewählt habe, ein Unternehmen, das schon vor der Pandemie durch seinen unbarmherzigen Umgang mit den eigenen Mitarbeiter:innen aufgefallen sei, wollte eine Userin wissen. Das entbehre nicht einer gewissen Ironie. Eine andere fragte, warum er nicht den lokalen, unabhängigen Buchhandel unterstützt habe, der auch unter der Pandemie litt.

Mit solchen Reaktionen können die Humblebragger:innen in der Regel schlecht umgehen. Denn wer nicht applaudiert soll doch bitte still sein. Wenig überraschenderweise wurden diese Kommentare gelöscht. Humblebragger:innen begegnet man das ganze Jahr über. Kurz vor Jahresende intensivieren sie jedoch ihre Bemühungen, denn wenn es draußen dunkel wird und die Besinnlichkeit einzieht, sind viele User:innen besonders empfänglich für kurze Geschichten mit Happy End und herzerwärmender Botschaft.

2. Die Overperformer:innen

Die Overperformer:innen sind immer unter Strom, geben 24 Stunden ihr bestes und finden dabei noch Zeit, ausgiebig davon zu berichten. Da kann man doch nicht anders, als in grenzenlosen Respekt zu verfallen, oder? Ihr Tag fängt um 05:30 an. Frühsport, 20 Kilometer joggen (mindestens!), um sich physisch und mental auf den Tag vorzubereiten. Dabei werden natürlich Lectures oder Weiterbildungskurse gehört, denn die Overperformer:innen lieben Effizienz! Warum nur den Körper stählen, wenn man nebenbei noch den Geist trainieren kann?

Kaum auf der Arbeit angekommen, legen sie los. Klar, unter 100% geht es nicht. Weniger als fünf Meetings, zwei Geschäftsessen, drei Stunden Sport und eine After Hour pro Tag und die Overperformer:innen fallen in eine Sinnkrise. Dankenswerterweise vergessen sie jedoch nie, uns Normal- (um nicht zu sagen „Low-“)Performer:innen ausgiebig von ihrem hyperdurchgetakteten Alltag zu berichten. Gern mit dynamischen Bildern und langen Texten. Denn hey, da können wir uns alle noch eine Scheibe abschneiden.

„Work hard, play hard“ – die Maxime abgenudelter 80er-Jahre Yuppies, deren Zynismus selbst die härtesten Pandemien und Weltwirtschaftskrisen überlebt, zieht sich durch die Selbstdarstellung dieses besonderen Typus. Und das hört natürlich auch beim Urlaub nicht auf. Die Overperformer:innen sind passionierte Bergsteiger:innen, Hobby-Extremsportler:innen, die immer am Limit unterwegs sind. Kein Ziel zu exotisch, keine Reise zu mühsam. Der Weg ist das Ziel. Und von den Mönchen in Tibet lernen sie ganz viel Demut.

Woher wir das wissen? Ganz einfach: Aus ihrem Selfie Post, der sie mit einem ratlos dreinschauenden Mönch im Arm zeigt. Effizienz eben.

3. Die Aufmerksammacher:innen

Globalisierung, Digitalisierung, ÖPNV-Streik und die Wohnung müsste auch mal wieder geputzt werden – unser Alltag ist voll von Informationen und To-Dos. Da können schnell mal wichtige gesellschaftliche Themen untergehen. Zum Glück gibt es die Aufmerksamkeitsmacher:innen. Sie sind das soziale Gewissen von LinkedIn. Zumindest halten sie sich dafür. Ob Klimakatastrophe, geopolitische Spannungen oder die traurige Situation griechischer Straßenhunde – den Aufmerksamkeitsmacher:innen entgeht nichts.

Selbstlos nutzen sie ihre (und unsere) Zeit, um die wirklich wichtigen Themen in unsere LinkedIn Feeds zu spülen. Das kann durchaus informativ sein. Manchmal skurril. Mitunter aber auch zynisch.

So kursiert derzeit der Post eines Nutzers, der einem geflüchteten Mann einen Arm um die Schulter legt, um mit dem anderen ein Selfie mit ihm zu machen. Aus dem Text geht hervor, dass er den Abgebildeten eine Nacht in seiner Wohnung hat schlafen und duschen lassen, seitdem jedoch keinerlei Kontakt mehr mit ihm hat. Es ist daher zu bezweifeln, dass der geflüchtete Mann weiß, dass sein Gesicht gerade auf LinkedIn zu sehen ist.

Womit wir einmal mehr bei den Sprichwörtern wären: „Tue Gutes und rede nicht darüber“ ist ein allseits bekannter Klassiker. Inwiefern dieser Rat wirklich brauchbar ist, darüber lässt sich streiten. Für die Aufmerksamkeitsmacher:innen hat er zumindest keine Bedeutung. Um keine Zweifel aufkommen zu lassen: Gesellschaftliches und soziales Engagement sind auch für uns eine Herzenssache. Schwierig aber wird es, wenn hier die Grenze zur Selbstdarstellung so klar überschritten wird wie im geschilderten Fall.

Eine Plattform, die wir nicht missen möchten

Nun möchten wir niemandem den Spaß an LinkedIn nehmen. Im Gegenteil, wollen wir die Plattform doch selbst nicht mehr missen, beschert sie uns doch regelmäßig inspirierende Denkanstöße und ermöglicht uns die Vernetzung mit spannenden Menschen

Unsere leicht überspitzte Typographie soll vielmehr einen ironischen Blick auf Entwicklungen werfen, die so durchaus auch aus anderen Social-Media-Plattformen bekannt sind. Mit einem Augenzwinkern, aber ohne die Augen zu verschließen.


Fionn Kientzler

Fionn Kientzler

Managing Partner

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