Corporate Publishing online oder offline? Oder beides?
Corporate Publishing macht zwar einen enormen Wandel durch, hat aber nichts von seiner Relevanz verloren. Ganz im Gegenteil. Verstand man in der Vergangenheit unter Corporate Publishing die redaktionelle, periodische Informationsübermittlung eines Unternehmens praktisch ausschließlich über Printmedien (vornehmlich Firmenzeitungen, Mitgliederzeitschriften, Kunden- und Mitarbeitermagazine), so geht es heute um die Kommunikation über alle erdenklichen Medien, sei es online, offline oder mobil. War Corporate Publishing früher eine absenderkonzentrierte One-to-Many-Kommunikation, so ist es heute ein genau auf die Zielgruppen und deren Partizipation ausgerichtetes Dialogangebot. Wohin aber sollte man das Hauptgewicht seiner Corporate Publishing Anstrengungen legen? In die Online- oder in die Offline-Welt? Oder ist die Kombination beider Welten der beste Weg – und wenn ja, wie lässt sich das am besten bewerkstelligen?
5,8 Milliarden Euro Invest jährlich
Bereit 89 Prozent der Unternehmen im DACH-Raum betreiben bereits Corporate Publishing bzw. Content Marketing (FCP Barometer 2014). Die überwiegende Mehrheit nutzt dabei Print- und digitale Medien. Insgesamt werden im DACH-Gebiet 5,8 Milliarden Euro jährlich in inhaltsgetriebene Kommunikation investiert. Ausgangspunkt und Kern dieser Inhalts-Kommunikation sind „Owned Media“, die nach Überzeugung von mehr als der Hälfte der Unternehmen den strategischen Lead übernehmen werden. „Plattformübergreifende Kampagnen werden zur Norm, Owned Kanäle gewinnen an Relevanz“, stellt die Studie „Veränderte Medienlandschaft – veränderte Media Spendings“ von VDZ und McKinsey & Company fest. Durch die Nutzung der verschiedenen eigenen Kanäle gelingt es den Unternehmen, schneller und direkter mit ihren Zielgruppen in Kontakt zu treten und zu interagieren.
Vorrangiges Ziel: Interaktion mit den Zielgruppen
Die Interaktion mit den eigenen Zielgruppen, seien es Kunden, Partner, Mitarbeiter, Shareholder oder Interessenten, ist bei den Unternehmen, die Corporate Publishing bzw. Content Marketing betreiben, vorrangig. Das Erzeugen von User-Engagement steht im Mittelpunkt. Um sich aber in der Fülle der Angebote Gehör zu verschaffen, müssen diese Unternehmen auf allen ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen Inhalte bieten, die ihre Zielgruppen interessieren und überzeugen. Die Inhalte müssen zudem schnell und regelmäßig aktualisiert werden, um den Dialog am Laufenden zu halten. Hier zeigt sich der erste Vorteil von Corporate Publishing in der Online-Welt:
1. Geschwindigkeit ist fast alles
Offline-Kanäle sind in der Regel wesentlich langsamer als Online-Medien. Es dauert eben seine Zeit, ein Magazin zu produzieren und zu verteilen. Die Geschwindigkeit, in der Unternehmen heute mit ihren Zielgruppen kommunizieren, ist hoch. Kunden zeigen sinkende Toleranz für träges Kommunikationsverhalten. Die Online-Kanäle – Websites, Blogs oder die Social Media Seiten des Unternehmens – lassen sich in deutlich schnellerer Frequenz mit neuen attraktiven Inhalten beleben. Anstatt einmal pro Jahr oder quartalsweise ein Kundenmagazin zu lancieren, können Unternehmen mit Online Corporate Publishing kontinuierlich spannende Inhalte bieten.
2. Online-Inhalte präsentieren sich unaufdringlicher
Decken die online angebotenen Inhalte die Bedürfnisse der Zielgruppen ab, werden sie weniger als Störfaktoren empfunden, als dies bei Printmedien und schon gar bei der klassischen Werbung der Fall ist. Sie werden eher als hilfreiche Information von glaub- und vertrauenswürdigen Experten gesehen und als Lösungen für die eigenen Anforderungen. Während hingegen ein Hochglanz-Kundenmagazin sehr häufig ungeöffnet im Papierkorb landet, weil seine Anmutung schlichtweg zu werblich ist. Gelingt es darüber hinaus, den Kunden regelmäßig durch entsprechende hochqualitative Inhalte nutzenbringend zu unterstützen, wird dieser vom zunächst vielleicht reinen Leser zum treuen Markenbeobachter und idealerweise auch -Botschafter.
3. Online Corporate Publishing erzielt höhere Reichweiten
Onlineinhalte werden zunächst vom Unternehmen selbst über die eigenen Kanäle verbreitet. Dadurch sind die Inhalte leichter auffindbar – sei es über die Google Suche, den Blog oder über Social Media Kanäle wie Xing und LinkedIn. Erachtet ein Leser die gefundene Information als interessant und nützlich, ist er in hohem Maße bereit, diese über seine Kanäle zu empfehlen und weiter zu leiten. So können Online-Inhalte in hoher Geschwindigkeit eine sehr hohe Reichweite erzielen und auch neue Interessentenkreise erreichen, was mit klassischen Medien niemals in derselben Geschwindigkeit und schon gar nicht zu denselben Kosten möglich wäre.
4. Die Platzierung in den Suchmaschinen verbessert sich
Die intensive Verbreitung von guten Onlineinhalten führt letztlich auch zu einer besseren Platzierung in den Suchmaschinen. Vor allem, wenn die Corporate Publishing bzw. Content Marketing Strategie mit der SEO Strategie abgestimmt wird. Suchmaschinen schätzen regelmäßig verbreiteten, qualitativen Content und belohnen ihn mit besseren Ranking-Positionen.
5. Das Web bietet mehr Gestaltungsmöglichkeiten
Online Corporate Publishing kann auf vielerlei Weise passieren – Text, Bild, Audio und Video sind möglich. eBooks und Grafiken gehören neben klassischen Texten genauso selbstverständlich dazu wie Bilder, Animationen und Filme. Präsentiert werden können sie auf allen Plattformen, seien es eigene Websites, Blogs oder soziale Netzwerke. Um aber all diese Kanäle kontinuierlich, professionell und erfolgreich mit Mehrwert-Inhalten zu bespielen, bedarf es einer durchdachten plattformübergreifenden Strategie, genauer Planung und konsequenter Umsetzung. Daran mangelt es momentan noch vielerorts. Laut FCP Barometer 2014 verfügt weniger als die Hälfte der Unternehmen, die inhaltsgetriebene Kommunikation betreiben, über eine dokumentierte Corporate Publishing/Content Marketing Strategie. Aber, fast 70 Prozent der Unternehmen sind überzeugt, dass crossmediale Corporate Publishing Konzepte künftig wichtiger und inhaltsgetriebene Medien immer stärker zur Vertriebsunterstützung eingesetzt werden.
6. Tell … and sell
Die Vertriebsunterstützung funktioniert, weil glaubwürdige Onlineinhalte verkaufen, ohne direkt darauf ausgerichtet zu sein. Sie vermitteln Wissen und nützliche Informationen und können so einen Kaufanreiz auslösen oder die Kaufentscheidung eines Lesers bzw. Kunden unterstützen. Sie werden als weniger plump empfunden als Werbung und werden im Vergleich zur Werbung auch freiwillig konsumiert, da der Kunde die Inhalte bei seiner Suche nach einer Lösung oder Information nutzt und er sie daher nicht ungebeten erhält.
7. Online lässt sich leichter kontrollieren
Informationen über die eigenen Online Corporate Publishing Kanäle zu spielen bringt einen unschätzbaren Vorteil gegenüber den Offline-Kanälen. Der Erfolg der Inhalte ist einfach zu kontrollieren. Die entsprechenden Analysetools zeigen Erfolgsindikatoren wie Besucherzahlen, Seitenaufrufe, Verweildauer, Downloadzahlen, Conversion-Pfade und Absprungraten und bieten so ein hohes Maß an Transparenz und die Basis für die Steuerung der Kommunikation. Beim klassischen Kundenmagazin lässt sich dagegen nur sagen, wie viele Empfänger beschickt wurden, nicht aber, wie viele es gelesen haben, welche Artikel gelesen wurden bzw. welche Artikel die Aufmerksamkeit der Leser länger fesseln konnten als andere.
8. Das Allerbeste: Online-Inhalt lässt sich auch offline nutzen
Betreiben viele Unternehmen heute On- und Offline-Corporate Publishing parallel, ist der nächste logische Entwicklungsschritt, diese beiden Welten intelligent zu verknüpfen. Der Weg, Print-Veröffentlichungen ins Web zu bringen, zeigt in der Regel nicht denselben Erfolg. Denn Magazin-Artikel oder sogar ganze Magazine einfach nur als PDF online anzubieten, reicht nicht aus, um Kunden nachhaltig zu begeistern oder potentielle Neukunden zu gewinnen. Schließlich wurden diese Artikel und Magazine für die Nutzung als gedrucktes Medium und nicht als Onlinecontent konzipiert und gestaltet und sind daher im Vergleich zu „richtigem“ Onlineinhalt sperrig nutzbar. Das merken die Leser und empfinden es als Mangel.
Die Zeitung ist tot – es lebe die Zeitung
Der Weg von Online zu Print hingegen ist vielversprechend. Hier eröffnen sich neue Chancen. Denn Inhalte wie etwa Ratgeber- und Newsletter-Artikel, White Paper und Studien können relativ einfach in Form von Print-Veröffentlichungen verwertet werden. So kann der redaktionelle Inhalt des Unternehmens auch noch mit einem Vorteil der Print-Welt ausgestattet werden, den das Web nicht bieten kann: dem haptischen Erlebnis, das nach wie vor vielen Lesern wichtig ist und durch das sie die Informationen oftmals als höherwertiger einschätzen. Vorreiter in diesem Bereich gibt es bereits: “Die Welt“ zeigt, wie es gehen kann. Unter der Parole “Online to Print” werden die Inhalte primär für den Onlinebereich entwickelt und anschließend im Druckformat veröffentlicht.
Umdenken ist angesagt
Corporate Publishing im Sinne von Online to Print bedarf eines Umdenkprozesses bei den Verantwortlichen. Online Corporate Publishing gestaltet sich vom Ansatz her anders als Offline Corporate Publishing. Da die Ergebnisse messbar sind und die Inhalte teilweise für die Suchmaschinen oder Social Media optimiert werden, beginnt die Arbeit häufig mit einer Keyword- und Trendanalyse. So kann man feststellen, welche Themen für Kunden und Neukunden spannend sind und gleichzeitig das Unternehmen als Thought Leader darstellen können. Der Redaktionsplan wird also nicht mit den Neuigkeiten aus dem Unternehmen gefüllt, sondern mit Themen, die den Kunden interessieren und Lösungen für dessen Herausforderungen anbieten. Denn, wenn es gelingt, dass der Kunde inhaltlich etwas dazu lernt oder sich inspiriert fühlt, ist er – egal ob online oder offline – auch eher gewillt, eine Interaktion mit dem Unternehmen einzugehen.
Interaktion kann vieles sein
Interaktion ist nicht immer nur das Drücken des Kauf-Buttons. Es kann auch nur darum gehen, einen Kunden dazu zu motivieren, sich für ein Newsletter-Abo einzutragen, einen Download durchzuführen, einen Beratungstermin anzufordern, seine Meinung abzugeben, einen Kommentar zu verfassen oder auch einen klassischen Telefonanruf zu tätigen. Modernes Corporate Publishing bietet im Sinne einer erfolgreichen Multi-Channel-Kommunikation dem Kunden Informationen plattformübergreifend auf verschiedensten Kanälen. Der Kunde wiederum erwartet, mit dem Unternehmen auch über all diese Kanäle interagieren zu können. Damit das funktioniert ist gute Planung und Umsetzung ein Muss.
Gut geplant in Richtung Ziel
Im Rahmen einer Multi-Channel-Strategie im Corporate Publishing geht es nicht nur darum, die Themen festzulegen, über die man informieren möchte. Es müssen auch Publikationskanäle für die jeweiligen Zielgruppen ausgewählt, Veröffentlichungstermine und -frequenzen festgelegt und Verantwortlichkeiten zugeordnet werden. Auch das Budget gehört eingeteilt. Zielkennzahlen müssen definiert werden und im Idealfall auch ein Analyseprozess, um die Ergebnisse der Kontrolle in konkrete Steuerungsmaßnahmen umwandeln zu können. Und nicht zuletzt muss geplant werden, wer, wie und in welchem Zeitraum auf Interaktionen der Kunden reagiert. Sollen Onlineinhalte auch offline genutzt werden, gilt es diese von vornherein auch mit Blickwinkel darauf zu planen, zu kreieren und dann auch zu produzieren. Ergebnis dieser Arbeiten ist ein verbindlicher Multi-Channel-Redaktionsplan, der eine erfolgreiche Umsetzung des Corporate Publishing online und offline erlaubt.
Beispiele für gutes Online Corporate Publishing:
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Fionn ist Managing Partner bei suxeedo und hat in dieser Position schon über 300 Kampagnen mit zahlreichen DAX- und Fortune 500-Unternehmen verantwortet. Darüber hinaus ist er regelmäßig Speaker auf nationalen und internationalen Marketing Konferenzen und Events.