Outreach per Telefon: Die Stimme macht den Unterschied
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Während der Mensch in der Face-to-Face-Kommunikation zu 55% über seine Körpersprache wahrgenommen wird, verlagert sich der Fokus am Telefon auf seine Stimme: Die Sprechmelodie bestimmt hier zu 82% den Dialog, während der eigentliche Inhalt nur zu 18% bewusst wahrgenommen wird. Die Stimme kann also ein Verbündeter oder ein Verräter sein: Wer den Anruf einer unbekannten Nummer entgegennimmt, erkennt bereits im Bruchteil der ersten Sekunde, ob ihm die Stimme bekannt ist, ob es sich um ein Gespräch mit einer Agenda handelt und ob ihm die Person sympathisch ist.
Der unscheinbare Klang der Stimme erweist sich somit als zentraler Baustein, um zu anderen Menschen Vertrauen herzustellen – die Grundvoraussetzung für jede gesunde Beziehung. Wer seine Stimme an minimaler Stelle verfeinert und geschickt einzusetzen vermag, der wird sich nicht nur besser präsentieren können, sondern auch den ökonomischen Outcome seiner Kommunikation signifikant steigern – egal ob am Telefon, beim Bewerbungsgespräch oder im Meeting.
Die Stimme ist der Subtext in der verbalen Kommunikation: Sie ist das Medium und die Message – ein Instrument, deren Überzeugungskraft an ein paar universelle Regeln gebunden ist.
Die Ergebnisse der Studie „Sounds like a winner“ an der Universität von Miami aus dem Jahre 2012 bekräftigten ein gängiges Klischee: Menschen mit tieferen Stimmlagen gelten bevorzugt als kompetent und vertrauenswürdig – sofern sich die Tonlage in der individuellen Indifferenzlage (die optimale Sprechstimmlage des Menschen) befindet. Eine künstlich verzerrte oder verstellte Tonlage wirkt dagegen unsympathisch. Doch können selbst hohe Stimmen attraktiv klingen, wenn sie sich in ihrer Indifferenzlage bewegen.
Gerade im Sales, in der PR oder im Seeding müssen sich die Kommunikatoren dem Potential ihres Kerninstruments, ihrer Stimme, bewusst werden. Denn neben den Inhalten entscheiden vor allem die Art und Weise des Vortragens über einen erfolgreichen Outcome.
Die gute Nachricht lautet: Jeder Mensch kann seine Stimme trainieren und zum Optimum führen.
1. Die Macht der Stimme: Interview mit Seeding-Managerin Katja Ritter
Katja Ritter hat Wirtschaftskommunikation studiert und arbeitet als Seeding-Managerin bei suxeedo. Neben ihren vielen Erfahrungen im zwischenmenschlichen Umgang mit Medienpartnern und Influencern zeichnet sie sich durch ihre Leidenschaft für die Musik und ihre Stimme aus: Bereits mit 14 strebte sie eine professionelle Karriere als Sängerin an und lernte früh durch Stimmtraining, ihre Stimme richtig einzusetzen. Im Interview erzählt sie von der Macht der Stimme und ihren praktischen Erfahrungen aus der Telefonakquise.
Hallo Katja, du hast im Rahmen vieler Seeding-Projekte bereits ein breites Spektrum an Erfahrungen am Telefon mit unterschiedlichen Personengruppen gemacht. Kontrollierst du deine Stimme in diesen Gesprächen bewusst? Sollte man die Stimme sogar seinem Empfänger gezielt anpassen?
Ich bin mir am Telefon immer bewusst, dass ich meine Stimme kontrollieren kann. Ich habe während meines Studiums viele Jahre lang gekellnert und gelernt, mein Auftreten, meine Stimme und meine Körpersprache an die verschiedenen Situationen anzupassen. Inzwischen kann ich mein Sprechen aus einer Intuition heraus steuern. Als Seeder ergreife ich aber auch ganz oft die Gelegenheit und nehme meine Stimme auf. Ich höre sie mir an und entwickle beständig das Gefühl für meinen Klang weiter. Meiner Erfahrung nach sollte man niemals einfach aus einer momentanen Stimmung heraus losreden. Wenn ich Kopfschmerzen habe klinge ich anders als wenn ich super drauf bin.
Wie setzt du deine Stimme also konkret für das Seeding ein?
Oft ist es so, dass ich nur durch die Stimme eine gewisse inhaltliche Kompetenz verkaufen kann, auch wenn ich sie eigentlich gar nicht habe. Durch ein fachliches Auftreten am Telefon kann ich meinen Gesprächspartner glauben lassen, dass ich in der Sache eine gewisse Expertise besitze. Ich muss mir dabei vorher immer bewusst machen, mit wem ich wie und wo telefoniere. Meine Stimme und meine Sprache verändert sich je nach Ansprechpartner – je nach dem, ob ich jetzt mit jemandem jüngeren, mit jemandem älteren, mit jemandem von einem Ministerium, einer Zeitung oder einem Blog spreche. Bei einem Verein weiß ich zum Beispiel, dass mein Gesprächspartner im E-Commerce und im Internet im Allgemeinen eher unerfahren ist. All dies wirkt sich auf die Tonalität des Gesprächs aus.
Du kommunizierst also nicht nur verbal, sondern auch auditiv?
Wie bereits erwähnt: Man braucht die Selbstreflektion und das Ohr für den eigenen Klang, um einschätzen zu können, wann man schrill oder tief klingt. So kann ich mich meinem Gesprächspartner gezielt anpassen. Redakteure sind oft hektisch und müssen schnell wissen, worum es geht. Hier muss man präzise, klar und deutlich sprechen. Wenn ich aber mit jemandem telefoniere, der sich bereits im SEO– und Seeding-Bereich auskennt, dann verändert sich die Qualität des Gesprächs plötzlich: Hier werde ich oft mit klugen Fragen konfrontiert, die mich aus dem Konzept bringen sollen. Ich habe gelernt, mit sehr langsamen und, gerade bei Männern, sehr weiblichem Sprechen, dem Ansprechpartner dann den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Dienen dir klare Leitlinien zur Stimmenkontrolle während eines Telefonats?
Ich persönlich finde, dass Leitlinien für das Seeding unbedingt erforderlich sind. Meine Erfahrung zeigt mir, dass ein thematischer Leitfaden für jedes Projekt mir die nötige Sicherheit und den Freiraum zur Improvisation gibt. Durch die inhaltliche Vorbereitung alleine werde ich für das Gespräch oft so sicher, dass ich den eigentlichen Leitfaden gar nicht brauche. Und wenn man selbst mal nicht so gut drauf sein sollte, dann ist es absolut hilfreich, einen Leitfaden mit den Eckdaten zu Inhalt, Ansprechpartner oder Agenda neben dem Telefon liegen zu haben. Dann kann man sich auch gut auf das Gespräch einlassen und das eigene Auftreten modifizieren.
Wie bereitest du dich physisch und psychisch auf ein Gespräch vor? Was tust du, um die Kontrolle über deine Stimme in der Vorbereitung zu verbessern?
Die Stimme ist ein Muskel, welcher trainiert werden muss, wie jeder andere auch. Man sollte gleich am Morgen, bevor die Stimme zum Einsatz kommt, für 10 Minuten langsam brummen – dabei geht es nicht darum, irgendwelche Töne zu treffen, sondern einfach die Stimme warm zu machen. Außerdem finde ich persönlich Theatergesangsübungen super. Das hängt wohl mit meinem Background zusammen, hat sich für mich aber auch als echt hilfreich erwiesen. Ich habe Zuhause eine CD von Karin Ploog und da feure ich dann 3 mal die Woche für 30 Minuten laut alle Stimmübungen ab und arbeite an meiner Intonation. Das macht mir Spaß. Außerdem sollte man viel Tee oder Ingwerwasser trinken. Psychisch ist es auf jeden Fall wichtig, sich seiner Stimmung bewusst zu sein. Man sollte sich mit sich selbst auseinandersetzen und wissen, wie es einem geht und wie man klingen möchte. Das hat auch wieder was mit Kontrolle und emotionaler Intelligenz zu tun: Man muss während des Telefongesprächs die Emotionen nach hinten schieben können, um den eigenen Zielsetzungen entsprechend zu klingen.
2. Die Stimme als Instrument: Übung macht den Meister
Was kann der Redner nun tun, um sein Ur-Instrument, die Stimme, zu üben, zu spielen und zu beherrschen? Von der Lunge bis zur Körperhaltung: Der Mensch ist ein Musiker, dessen Töne sich im Körper, dem internen Resonanzraum, anhand von Sprachmelodien manifestieren und mithilfe vieler Stellschrauben verfeinern lassen.
2.1 Atmung
- Eine richtige Atmung bildet die Grundlage für eine angenehme Stimme.
- Ein unrhythmisches Atmen vermittelt dagegen den Eindruck, dass der Sprecher nervös und gestresst ist – ein Bild, welches die Souveränität des Senders womöglich untergräbt.
- Die Inhalte wirken für den Empfänger nicht mehr authentisch und das Gespräch scheint sich außerhalb der Komfortzone des Senders abzuspielen.
Vor einem (schwierigen) Gespräch sollte sich der Sprecher auf eine ruhige und regelmäßige Atmung aus dem Bauch heraus konzentrieren. Dabei hilft eine aufrechte Körperhaltung, welche der Stimme zudem eine stärkere Intensität verleiht.
2.2 Sprechgeschwindigkeit
- Mithilfe der Sprechgeschwindigkeit lässt sich dem Gegenüber ein emotionaler Bezug zum Gesprächsthema vermitteln.
- Eine hohe Geschwindigkeit kommuniziert dem Rezipienten auf der Meta-Ebene, dass das Thema dem Sprecher stark am Herzen liegt.
- Dagegen wirkt das langsame Sprechen sachlicher und signalisiert eine Bereitschaft, sich mit dem Thema intensiver auseinanderzusetzen.
Eine angemessene Sprechgeschwindigkeit ist von der Situation abhängig. Wer Enthusiasmus am Telefon ausdrücken möchte spricht schneller als bei einem Gespräch mit dem Verhandlungspartner. Daher sollte die Zielgruppe, das Kommunikationsziel und das eigene Image die Art der Kommunikation definieren.
2.3 Tonlage:
- Die Tonlage gibt die Emotionen des Sprechers preis.
- Bei Wut und Ärger klingt die Stimme höher und die Betonungen nehmen zu, während bei einer traurigen Stimme die Töne im oberen Frequenzbereich wenig Energie enthalten und die mittleren Tonhöhen gedämpft sind.
- Eine tiefe Stimme drückt dagegen Kompetenz aus, doch erst die sogenannte Indifferenzlage, welche bei jedem Menschen individuell ist, wirkt auf das Gegenüber sympathisch und attraktiv.
Summen hilft, die eigene Indifferenzlage zu finden. Wer durch Nase einatmet und beim Ausatmen ein kräftiges „Mmmh“ summt, der steigert sein Klanggefühl. Zudem unterstützt Gähnen die Entspannung der Stimmmuskulatur und vergrößert den Resonanzraum, was zu einer klareren und tieferen Stimme führt.
2.4 Intonation:
- Wer verbal überzeugen will, der sollte seine Stimme dramaturgisch einsetzen: Intonation ist das auditive Äquivalent zur Grammatik.
- Sie gibt dem Inhalt eine emotionale Struktur und spielt mit der Aufmerksamkeit des Zuhörers.
- Wer die Sätze mal schnell, mal langsam, ihnen durch Betonungen mal mehr oder mal weniger Gewicht verleiht, der gibt dem Rezipienten nicht nur ein Gefühl von Abwechselung, sondern macht den Inhalt spannend.
Ein Bewusstsein für die inhaltliche Struktur ist die Voraussetzung für eine sinnvolle Intonation. So können nicht nur Inhalt dramaturgisch aufbereitet werden, sondern mit der Stimme erzählerisch transportiert werden. Schließlich hören Menschen aufgrund ihrer neurologischen Veranlagung einem Erzähler eher zu als einem reinen Botschafter.